Thursday, October 21, 2010

Geisterstunde in Williamstown: Melbournes Geschichte wird lebendig


Geschrieben von: Jana Doebler

Sicherlich hat jeder von uns eine andere Meinung über Geister und andere paranormale Phänomene. Fest steht: Ob wegen des Gruselfaktors, dem Interesse an Melbournes Geschichte oder weil Sie Ihr professionelles Geister-Aufspür-Gerät ausprobieren möchten, bei einer Lantern Ghosttour durch Williamstown, an der man auch während der DiM-"Christmas in July"-Party am Samstag, 17. Juli, teilnehmen kann, ist garantiert für jeden etwas dabei!

Jana Doebler testete mutig für alle Deutsche in Melbourne-Leser die Führung, die von Jacqueline Travaglia ins Leben gerufen wurde. Warum unsere geister-skeptische DiM-Praktikantin am Ende doch leicht verblüfft nach Hause fuhr, erfahren Sie hier...

Vollmond - und die Möwen kreischen

Die Kieselsteine knirschen unter unseren Füßen. Wie bestellt erleuchtet der runde Vollmond ereignisschwanger die kalte Nacht am Nelson Place in Williamstown. Stimmen schallen aus den Restaurants und Bars zu uns herüber. Samstag abends finden sich etliche Touristen und Einheimische in dem attraktiven, am Meer gelegenen Melbourner Stadtteil ein, um auszugehen.

Plötzlich ist es für einen Moment ganz still. Das Horn eines Dampfers dringt zu uns vor. Nur noch das Kreischen der Möwen ist zu hören. Wie aus dem Nichts erscheint plötzlich Pauline Snell vor unseren Augen und wünscht uns einen guten Abend. Sie ist heute unser Stadtführerin. Die Ghosttour durch Williamstowns historische "hidden lanes and haunted houses" beginnt...

"Anything can happen on this tour!"

Pauline trägt ein langes, dunkles Samtkleid und ein großes, blaues Schultertuch. In ihrem dichten, dunklen, nach hinten gestecktem Haar schlagen kleine Plastik-Schmetterlinge ihre Flügel im Wind. Mit ihrem großen Flechtkorb, dessen Inhalt auch nach der Tour für uns geheim bleibt, sowie ihrem altmodischen Regenschirm wirkt die quirlige Australierin, als sei sie eben aus einem früheren Jahrhundert entsprungen, auf dem Weg, eine Freundin zu besuchen.

„Anything can happen on this tour! "sagt sie geheimnisvoll. Anscheinend wollen sich heute Nacht mehr Frauen als Männer gruseln: 14 sind erschienen, nur ein Mann. Einige der Teilnehmerinnen sind "locals", wohnen seit Jahren in Williamstown. Andere sind extra aus Werribee und Hoppers Crossing angereist, weil Freunde ihnen die Tour empfohlen haben.

Die Neugier auf das, was uns erwartet, ist uns ins Gesicht geschrieben. Aber auch die Skepsis ist einigen anzusehen. Es wird lachend in das Ohr der Nachbarin geflüstert und mit dem Kopf geschüttelt. Andere sind fasziniert, machen ihre Videokamera startklar und nicken Pauline bejahend zu.



Schutz vor Geistern: Einhüllen in weisses Licht

Doch bevor wir mit unserem Geister-Spaziergang beginnen, sollen wir uns vorstellen, dass wir uns einhüllen in weißes Licht, damit uns die Geister, denen wir auf unserem abendlichen Spaziergang durch die Stadt König Williams begegnen werden, nichts anhaben können. Geister, so belehrt uns Pauline, sind auf der Suche nach Energie, möchten sie uns Lebenden aus dem Körper ziehen und fühlen sich darum vor allem zu jungen Menschen hingezogen, die bekanntlich besonders viel davon haben. Paulines Lichtkreis soll uns davor schützen. Wie beruhigend!

Gleichzeitig lernen wir die unterschiedlichen Geisterarten kennen und werden mit Geisterjargon vertraut gemacht. "Apparations" beispielsweise entstünden, wenn Geister sich selbst manifestieren, also sichtbar machen. Das Ergebnis: Man sieht sie als Silhouette oder Schatten.

Von "Orbs" und "Apparitions"
Sei hingegen von "Orbs" die Rede, gehe es um Geister, die versuchen, sich zu manifestieren, aber anscheinend nicht ganz erfolgreich dabei sind: Man fühlt sie eher oder meint sie wahrzunehmen, in einer Form aus Regentropfen oder Staubpartikeln. Geister ließen sich auch unterscheiden in solche, die gewaltsam aus dem Leben gerissen wurden und sich ihrer "unlebendigen" Situation nicht bewusst sind sowie Geister, die zufällig in ihr Geistdasein gekommen seien und nicht wissen, wo sie sich befinden und einen verwirrten Eindruck machen, wenn man sie trifft.

Der Geist des schottischen Doktors Edward Figg
Beschwingt schreitet Pauline voran. Wir folgen - nicht ganz so beschwingt. An einem imposanten Gebäude aus dem Jahr 1850 direkt am Nelson Place bleiben wir stehen. Pauline spricht plötzlich im schönsten schottischen Akzent. Wie gebannt starren wir auf das alte Haus mit der Nummer 231, hinter dessen Mauern einst Dr. Edward Garland Figg lebte und arbeite. Keiner kichert mehr. Die Geschichte des ehemaligen Health Officer and Port Doctors von Williamstown hat unsere ungeteilte Aufmerksamkeit.

Dr Figg soll ein großer, stattlicher Mann gewesen sein, lässt uns Pauline wissen, und fortschrittlich: Zu der Zeit, als er in Williamstown praktizierte, habe Figg wesentlich dazu beigetragen, das Ausbreiten von Krankheiten zu reduzieren. Williamstown und der Staat Victoria verdanken Figg übrigens auch die erste "Morgue", das erste Leichenhaus, in der Nähe des Titanic-Gebäudes, das wir später noch bestaunen. Leichen mussten nun nicht mehr in Kellern von Pubs oder auf grüner Wiese gehortet werden, sondern es gab nun ein eigens für sie reserviertes Gebäude.

Dank Dr. Figg Chloroform als Betäubungsmittel

Figg soll es auch gewesen sein, der die betäubende Wirkung von Chloroform in Australien bekannt machte. Noch ungeübt in der Chloroform-Dosierung experimentierte Figg vor allem an jungen Frauen, heißt es. Leider gingen seine Bemühungen oft gründlich schief. Fast 100 Patienten, so hören wir, starben an den Folgen einer Überdosierung.

In der Residenz, in welcher so viele Menschen ihr Leben ließen und die heute ein normales Wohnhaus mit einem kleinen Geschäft im Untergeschoss ist, soll es spuken. Wenn wundert's! Manchmal würden sich menschliche Umrisse an den Fenstern zeigen. „Die Geister wissen, dass wir da sind. Sie beobachten uns!" meint Pauline mystisch, die selbst schon Zeugin recht ungewöhnlicher, unerklärlicher Erlebnisse war, und manch einer schaut verstohlen um sich.

"It is amazing just how haunted Williamstown is!"
Jacqueline Travaglia (Foto) hat die Ghosttour durch Williamstown, der Stadt, die nach King William benannt ist, ins Leben gerufen. "I have always been fascinated with all things paranormal since growing up in a haunted house in Williamstown," sagt sie und gesteht: "I used to spend all my free time chasing ghosts staying in haunted houses and going on ghost tours around the world." 2004 entschloss sie sich nach einem längeren Aufenthalt in England in ihre alte Heimat zurückzukehren und hier ihr Hobby zum Beruf zu machen.

Sie startete ihr Unternehmen "Lantern Ghost Tours" und führt seitdem mit ihren Angestellten Touristen aus Nah und Fern, Geisterbegeistere und sogenannte "Medien", die in direktem Kontakt mit Geistern stehen, sowie Geisterforscher weltweit durch Williamstowns Strassen, deren Geschichte sie akribisch recherchiert hat. „It is amazing just how haunted Williamstown is!" schwärmt Jacqui.

Hufgeklappere und Hühnergegackere

In der Tat hat Williamstown, einer der ältesten Stadtteile Melbournes, in dem sich 1835 die ersten westlichen Bewohner ansiedelten, einiges an Geschichte und Geschichten zu bieten. Pauline führt uns vorbei an historischen Gebäuden, die meisten aus dem 19. Jahrundert, und macht es uns leicht, die Historie zu verstehen. Mit viel Witz und Charme, gekoppelt mit unterschiedlichen Stimmlagen und Akzenten, schafft sie es immer wieder, uns in die Vergangenheit zu katapultieren. Wir meinen, das Knarren und Hufgeklappere alter Pferdekutschen zu hören, das Gegacker von Hühner, die hier einst in Hintergärten gehalten wurden, das Weinen von Babys.

Winkel von Williamstown, die selbst Einheimische nicht kennen
Dabei lernen wir nicht nur geheime Winkel und Nischen des Melbourner Stadtteils am Meer kennen, die noch nicht mal Einheimische kennen, sondern erfahren auch eine Menge über die interessante, teilweise grausame Geschichte der Stadt. Schlägereien mit Todesfolge standen auf der Tagesordnung, ebenso Armut, Krankheit, Dreck, Prostitution, Gewalt, Alkohohl-, Spiel- und Drogensucht. Vor allem Opium stand hoch im Kurs während des Goldrauschs.




Das Beweisfoto: Geist oder Lichtreflex?
Vorbei an dem Gebäude, in dem heute das Titanic-Theater seinen Platz hat, sollen wir in ein dunkles, enges und angeblich mit einem Fluch belegtes Gässlein abbiegen. Laut Pauline werden wir uns zurück in eine entfernte Zeit versetzt fühlen, die Temperatur würde sich ändern und die eigene Stimme ebenfalls. Frühere Teilnehmer hätten gefühlt, wie jemand oder etwas mit den Fingern durch ihr Haar strich, andere auch einen Atemhauch im Nacken.

Der Weg ist matschig und dunkel, nur der Vollmond leuchtet uns den Weg. Fotos werden geschossen. Auf einmal ein lauter Schrei! Ein Geschwisterpaar wirbelt aufgeregt die Kamera durch die Luft. Genau dort, wo sich die sogenannten Lavender Ladies, zwei "ladies of the night", auf gut Deutsch "leichte Mädchen", aus dem Fenster gestürtzt haben sollen, haben die beiden Frauen es geschossen: Das Foto, auf dem der weiße, verwischte Nebelstreifen zu sehen ist! Das muss ihr Geist sein! Wir drängen uns um die zwei Schwestern, die selbst in Willliamstown leben, staunen und machen Fotos vom Foto.

Der Geist des jungen Bauer
Eines der geistermäßig interessantesten Häuser ist das ehemalige Fünf-Sterne-Royal-Hotel aus dem Jahre 1852. Im obersten Stock hätten sich Konferenzräume befunden, in denen gelegentlich Glücksspiele stattfanden, berichtet Pauline. Genau bei diesen verlor ein junger Bauer nicht nur seinen Hof, sondern verwettete zu allem Übel noch dazu seine ganze Familie, die eigene Frau samt der Kinder.

Ein Sprung vom Dach des Hotels sollte seinen Qualen ein Ende setzen. Doch, so haben Geisterexperten festgestellt, der Geist des jungen Bauers findet keine Erlösung und soll noch immer vom Dach des Hotels springen, unaufhörlich, wieder und wieder und wieder. "Residual Haunting" sei der Fachbegriff, lernen wir, als wir uns einem der Wahrzeichen Williamstown nähern, dem Timeball Tower.

Plötzlich funktioniert der Fotoapparat nicht mehr
Gespenstisch erhebt sich der alte, gemauerte Turm, ehemaliger Wegweiser für Seemänner, die in den Melbourner Hafen steuerten. Einige von uns zucken leicht zusammen. Eine dunkle Gestalt scheint dort zu sitzen und bewegt sich nicht. Es ist stockdunkel, nur der Turm wird gespenstisch angestrahlt.„Um die Uhrzeit? Wer ist das?" murmelt es in der Gruppe. Bei genauerem Betrachten entpuppt sich die dunkle Gestalt dann doch als großer Anker, der vom Mondlicht angestrahlt wird.

Pauline weiß, dass der einsam gelegene Timeball Tower ein begehrtes Fotomotiv ist und hält einen kleinen Rat bereit: Wir müssten uns keine Sorgen machen, sollten unsere Kameras und Mobiltelefone hier nicht funktionieren. Sie verspreche, dass diese später wieder normal zu benutzen sein würden. Unbeeindruckt wollen wir ein Bild des Turms schießen. Uns kann so was nicht passieren! Ein Klick und ... Nichts tut sich. Die Kamera versagt uns ihren Dienst. Verdutzt schauen wir zu Pauline. "I told you so," meint Pauline und lächelt lieb.

Zurück in der Nähe des Nelsons Place entlässt uns Pauline nach Hause. Zuvor lässt sie uns noch einen Kreis formen und uns verabschieden von unseren Ghosttour-Bekannten und allen Geistern, denen wir begegnet oder nicht begegnet sind.

Noch immer sind die Restaurants und Pubs am Nelson Place brummend voll. Die Möwen sind schlafen gegangen, dafür die Possums im Park erwacht. Noch rasch ein Erinnerungsfoto, dann geht´s ab nach Hause. Übrigens funktionierte die Kamera später wieder einwandfrei, ganz so, wie es Pauline vorhergesagt hatte!

Geisterspaziergang zum Deutsche in Melbourne-Spezial Party-Preis

DiM-Fazit: Man mag an Häuser, in denen es spukt, Geister und übersinnliche Aktivitäten glauben oder nicht, interessant und unterhaltsam sind die Lantern Ghost Tours von Jacqueline Travaglia und ihrem Team auf alle Fälle. Auf unserer Tour haben wir längst nicht alles gesehen, was Williamstown und Latern Ghost Tours, die verschiedene Führungen im Programm haben, zu bieten haben. Unbedingt empfehlenswert!

Übrigens: Latern Ghost Tours bietet Gästen, die an unserer Deutsche in Melbourne "Christmas in July"-Party am Samstag, 17.Juli in der Pirates Tavern in Williamstown teilnehmen, eine spezielle Führung für einen Spezialpreis von $16.50 anstelle von $ 25 an. Jeder Abenteuerlustige kann sich jetzt gleich unter www.deutscheinmelbourne.net dafür anmelden. Für Kinder unter zwölf Jahren ist die Tour allerdings nicht geeignet!

Nähere Informationen zu Latern Ghost Tours gibt es auf http://www.lanternghosttours.com

http://www.deutscheinmelbourne.net/melbourne-entdecken/melbourne-sehenswertes/320-ghost-tour-williamstown.html

Williamstown font of wisdom


WHEN the Reverend George Wilkinson preached against the demon drink to the carousing locals of Williamstown, he would not have imagined that his key weapon would become a historic treasure.

The fountain at Nelson Place, outside the Hobsons Bay Visitor Information Centre, is a testament to the Anglican preacher’s 19th century campaign to convert the hard-drinking residents from wine to water.

The gothic fountain was shipped from Scotland in 1876 and has the inscription, “Keep the pavements dry”.

According to Jacqui Travaglia, a guide taking people on historic tours of Williamstown, the area was thick with men attracted to the gold diggings and sly grog dens were rife.

“He died before his dream of converting people to drinking water was realised,” she says.

The fountain is just one of the highlights of the twice-weekly tours, held on Fridays and Sundays until November from the information centre in Commonwealth Reserve. Cost: $8/$6.

For more information and bookings, phone 9932 4310.

http://hobsons-bay-leader.whereilive.com.au/news/story/williamstown-font-of-wisdom/
Hobsons Bay Leader Local News25 Sep 09 @ 12:50pm by Sasha Shtargot